… wir wollen deine Meinung wissen, mach’s aber bitte kurz

26. August 2012

Liebe Leser, geschätzte Kollegen,

wir sollten uns langsam aber sicher darauf vorbereiten, daß wir immer weiter in eine Massen-Mediendemokratie abgleiten, mit allen unangenehmen Begleiterscheinungen.

Es ist sicher kein Geheimnis, daß in den TV, Fernseh- und Verlagshochburgen der Meinungs – Platzhirsche gutes Geld bezahlt wird. Zumindest in den  etablierten Unternehmensteilen ( mit bereits lange geltenden Tarifverträgen) dieser Marktführer, ob nun privat oder öffentlich rechtlich, verdient man richtig gut. Als freischaffender Experte aus dem Ex-Hochleistungssport ebenfalls, in neu strukturierten New Media Geschäftbereichen oder Zentralredaktionen sieht das schon anders aus. Da wird die Begehrlichkeit, in einem solch gut bezahlenden Unternehmen zu verbleiben oder vielleicht dort sogar hineinzukommen, immer größer. Auch die Bereitschaft, dafür journalistische Standards zu unterwandern auf Empfehlung oder sagen wir auf Wunsch der Chefredaktion, gehört dann wohl auch dazu.

Da kommt der neue, ab dem 1. Januar 2013 geltende Rundfunkstaatsvertrag, den die involvierten Landespolitiker mit den Sendeanstalten ausgehandelt haben, gerade recht, sichert er doch per Order de Mufti weitreichende, gesetzliche Durchgriffsrechte beim Inkasso von GEZ – Gebühren. Nun können praktisch alle Haushalte in Deutschland, unabhängig von der Dauer der Mediennutzung oder einer überhaupt bestehenden Beteiligung am Konsum des öffentlich rechtl. Fernseh,TV -u. New Media Angebotes ohne Differenzierung abkassiert werden. Anruf beim Einwohner – Meldeamt genügt.

Prima Geschäftsmodell – wer wünscht sich das nicht ?

Zumal damit ja dieser ganze, unangenehme Aufwand für diese Anbieter entfällt, ihren jeweiligen „Kunden“ eine Mediennutzung überhaupt erst einmal nachzuweisen bzw. diese in Radio- oder TV/ Smartphone / WEB – Teilnahme zu unterteilen.

Damit dürfte endgültig klar sein, wem zukünftig genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um uns mitzuteilen, was gerade in der Welt passiert und welches davon so wichtig ist, um in Hauptnachrichtensendungen vorzukommen – und was nicht. Oder welches kritische oder besser: sensibles Thema besser in einem Spartenkanal aufgehoben ist, bzw. zu spätabendlicher oder nachtschlafender Sendezeit an Werktagen. So kann man immer sagen: seht her – wir stellen uns kritischen Themen. Was wollt ihr denn?

Desweiteren dürfen wir auch gespannt darauf sein, welche Themen vom öffentlich – rechtlichen Bildungsauftrag, der für die ÖR  in unserem Grundgesetz verankert ist, erfasst werden und ob dazu auch die neuerdings immer mehr umfassenden Infotainement Angebote gehören.

Wir erinnern uns , das sind die, bei denen man durch Aufmachung, Konzept und Moderation der Sendung innerhalb von 10 Sendeminuten nicht mehr weiß, um welches genauere Thema es eigentlich ging, weil dann mittlerweile bereits alle durcheinander reden bzw. die Redakteure mit geschickt gemachten Einspielern oder provokanten Bildunterschriften “ Herr xy hat gesagt … “ versuchen, konkurrierenden Gesprächsteilnehmern Emotionen zu entlocken.

Einen kleinen Vorgeschmack darauf bekam ich vorgestern am 24. August 2012 wieder, allerdings im ( bislang von mir eher geschätzten) Deutschland – Radio Kultur, als 7 Minuten vor den Nachrichten um 15:53 Uhr zum Thema : „Erhöhung der Strompreise  im Zuge der Energiewende in 2013 um bis zu 5% – gerecht oder wie gehen Sie damit um ?“ noch 3 Anrufer in die Sendung genommen wurden, wovon dann der letzte Anrufer wegen der Nachrichten gerade einmal 2, 3 kurze Gedanken äussern konnte, bevor seine Sprechlautstärke hart aber herzlich auf Null heruntergeregelt und er vom Moderator charmant und ohne Vorwarnung wegmoderiert wurde.

Sagen Sie uns Ihre Meinung, rufen Sie uns an – aber bitte machen Sie es kurz. Wir haben gleich Nachrichten. Nur ein Schelm würde darauf kommen, den Zuhörern ausreichend Zeit zum mitdiskutieren zu geben und zwar, lange bevor  Nachrichtensendungen beginnen. Denn da müsste man ja eventl. die Leute ausreden lassen – warum fragt man sie sonst nach ihrer Meinung?

Wie wir wieder einmal sehen, sind viele Ungerechtigkeiten bereits im System angelegt. In diesem Fall in einer tendenziösen Programmplanung, die es den Zuhörern unmöglich macht, sich substanziell zu beteiligen. Daher sollte man immer die systemischen Strukturen im Auge haben, will man an das Erkennen, Analysieren und Beseitigen eines Defizites herangehen – und dabei auch erfolgreich sein wollen.

Gehen Sie einer Sache auf den Grund. Hinterfragen Sie vermeintliche Notwendigkeiten.Immer und immer wieder. Lassen Sie sich nicht abspeisen. Auch wenn es immer wieder anstrengend ist, sich umfassend zu informieren und sich dann anschliessend klar auszudrücken.

einen schönen Sonntag wünscht euch

flexgood

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